Hallo! Schön, dass du hier bist!
Es ist ein gutes Zeichen, dass du hier bist, denn das bedeutet, dass du wissen möchtest, wie du am besten mit der Person umgehst, die gerade eine schwere Zeit durchmacht. Und wie du ihr am besten helfen kannst.
Ich kann dir selbstverständlich keine hundertprozentige Anleitung geben, wie du dich verhalten sollst. Das hängt natürlich auch davon ab, in welchem Verhältnis ihr zueinander steht. Außerdem braucht jeder Mensch eine andere Art von Fürsorge. Welche das in deinem Fall ist, musst du leider selbst herausfinden. Aber vielleicht helfen dir ja die folgenden Punkte dabei 🙂 Ich erweitere die Liste immer wieder, also schau gerne öfter mal vorbei.
- Zuhören
Ich glaube das wohl wichtigste ist das Zuhören. Viele sind am verzweifeln, weil sie alles in sich rein fressen und das Gefühl haben, nichts und niemandem ihr Herz ausschütten zu können. Deshalb seid für den Betroffenen da, teilt ihm mit, dass er bei euch gerne alles rauslassen kann und dann gebt ihm Zeit. Denn viele brauchen eine Weile, bis sie realisieren, dass sie sich wirklich jemandem anvertrauen können. Wenn sich die Person euch dann anvertraut, nehmt euch bitte Zeit und hört einfach nur zu. Zuerst geht es nicht darum, direkt eine Lösung zu finden. Es geht darum erst mal alles rauslassen zu können. Das Wichtigste hierbei ist, nicht über die Person zu urteilen. Es gibt Gründe für alles, auch wenn es gerade nicht danach aussieht. - Organisatorisches
Eine erste sehr wichtige Hilfe kann sein, sich um den Papierkram der betroffenen Person zu kümmern. Selbstverständlich nur mit Zustimmung.
Das heißt, dass man kurzfristig Dinge wie Krankmeldungen, Telefonate, Begleichen von Rechnungen o.Ä. übernimmt, um den Betroffenen erst mal zu entlasten. Das geht natürlich nicht auf ewig und (je nach Verhältnis) auch nur im Beisein der Person. Aber zu wissen, dass diese Last schon mal von einem genommen ist, kann einen großen Unterschied bewirken! - Haushalt
Das ist natürlich bei jedem anders, aber viele Menschen in einer Krise struggeln damit den Haushalt auf die Reihe zu bekommen. Offensichtliche Indizien hierfür sind, dass die Blumen nicht mehr gegossen werden oder die Rollläden einfach unten bleiben. Und das aus ganz offensichtlichen Gründen: Die Wohnung oder das Haus sieht aus wie bei Hempels. Bei manchen kann es auch schon ins Messitum gehen. Und man schämt sich dafür. Nicht nur weil es so aussieht, wie es aussieht, sondern, weil man eigentlich gar nicht so unordentlich ist und es wirklich gerne ändern würde, es aber einfach nicht schafft. Das ist ein Gefühl, welches einen wirklich verzweifeln lässt. Und genau da ist ein Punkt, wo man helfen kann. Es muss auch kein allesumfassender Großputz sein. Jeder Müllsack,der die Wohnung verlässt, jede Fuhr Geschirr, die gespült ist, nimmt etwas Gewicht von der Last, die einen nach unten zieht. Natürlich ist das ganze sehr sensibel, da das Zuhause der intimste Ort ist, den ein Mensch hat. Selbstverständlich lässt man da nicht jeden rein – und auch nicht jeden putzen. Also sprecht es an, bietet diese Hilfe an. Auch gerne mehrmals. Aber nehmt es nicht persönlich, wenn es bei einem NEIN bleibt. - Abstand
Manchmal ist es auch wichtig und richtig ein wenig auf Abstand zu gehen. Die Menschen in unserem Umfeld beeinflussen uns – bewusst oder unbewusst. Und manchmal fällt es uns schwer Reize, Energien, Eindrücke und Meinungen nicht so stark an uns ranzulassen. Deshalb ist es vollkommen in Ordnung sich von manchen Menschen ein wenig zurückzuziehen. Also: Hab bitte Verständnis und nimm es nicht persönlich. Gib der Person den nötigen Freiraum und sei für sie/ihn da, wenn er/sie dich braucht. - Ablenkung
Du kennst die betroffene Person sehr gut und weißt etwas, dass ihr immer sehr viel Spaß gemacht hat, bei dem er/sie alle Sorgen hat vergessen können? Super! Dann unternimm das mit den Betroffenen. Aber bitte respektiere die Grenzen. Aktivitäten können einem in einem Zustand mentaler Krankheit einiges an Energie abverlangen. Wenn der/die Betroffene also bereits nach kurzer Zeit abbrechen und wieder nach Hause gehen oder gar nicht erst mitkommen möchte, dann akzeptiere bitte diese Grenze! Aber einen Versuch ist es auf jeden Fall wert, denn es besteht einfach die Chance, dass man für ein paar Minuten seine sorgen und negativen Gedanken vergisst. - Bitte gib keine Ratschläge!
Ja ich weiß, man meint es gut und möchte helfen. Man möchte Möglichkeiten anbieten, wie es dem gegenüber besser geht. Aber aus Erfahrung kann ich sagen, dass das alles nicht bringt. Im Gegenteil, meistens fühlt man sich dadurch nur noch schlechter. Ich habe vor meiner Therapie zum Beispiel oft gesagt bekommen, dass wenn ich einfach mehr zu tun hätte, ich gar keine Zeit hätte um depressiv zu sein. Was ein Blödsinn. Weil negative Gedanken und Gefühle vor einer vollen To-Do-Liste zurückschrecken. Wer´s glaubt.
Oder auch der Klassiker, welchen ich unzählige Male von nahezu jedem in meinem Umfeld gehört habe: „Anderen geht es viel schlechter als dir“. JA, ICH WEIß. Ich habe ein festes Dach über dem Kopf, was alleine in Deutschland über eine halbe Million Menschen nicht von sich behaupten können – von der Weltbevölkerung mal ganz abgesehen. Und ja, ich habe auch problemlos Zugang zu Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Aber das Wissen bringt mich leider nicht weiter und löst auch nicht meine Probleme.
Also bitte bitte bitte behalte diese absolut unangebrachten „Ratschläge“ für dich!